Mitte 2011 hat der japanische Internet-Konzern Rakuten 80% der Tradoria GmbH aus Bamberg übernommen. Anfang 2012 erfolgte dann die Umbenennung in Rakuten Deutschland GmbH.
Und im Oktober 2012 positioniert sich Rakuten neu (Pressemitteilung vom 01.10.2012).
Meinung:
Diese Neuausrichtung bedeutet einen völligen Bruch mit der – sehr guten – Strategie von Tradoria: mit Rakuten Connect wird das endgültiges Aus von eigenständigen Shops unter einer Dachmarke – ehemals Tradoria, jetzt Rakuten – eingeleitet.
Beate Rank – Gründerin von Tradoria und jetzt Geschäftsführerin der Rakuten Deutschland GmbH – antwortet auf die Frage, ob Rakuten nun zu “einem Einheitsbrei” irgendwo zwischen Amazon und EBay werde:
Ich lese diese Worte und bin dennoch überzeugt, dass sich Rakuten genau dorthin entwickelt: eine reine Portallösung nach dem Vorbild von Amazon, jedoch ohne den Bekanntheitsgrad von Amazon.
Im Portal ChannelPartner / Handel lässt sich Mark Kirschner – Vice CMO von Rakuten – unter der Überschrift “Rakuten kann die weltweite Nummer Eins werden” wie folgt zitieren:
In dieser kurzen Aussage zeigt sich m.E. das ganze Dilemma, in dem Rakuten steckt:
Rakuten ist sich offensichtlich noch nicht im Klaren darüber, wer die eigenen Kunden sind oder sein sollen. Sind es die Händler, die Rakuten unter Vertrag hat, oder sind es die Verbraucher, die über das Rakuten-Portal kaufen?
Amazon wird als “Produkt-getrieben” kritisiert, da Amazon selbst an Verbraucher verkauft und somit Wettbewerber seiner Marketplace-Händler ist, während Rakuten (noch) den eigenen Verkauf ausschließt. Nach meiner Wahrnehmung erweckt Rakuten allerdings bei Verbrauchern zunehmend den Eindruck, selbst Anbieter der Produkte zu sein und drängt seine Händler (die eigenen Kunden!?!) mehr und mehr in den Hintergrund. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Dagegen steht ein weiteres Zitat von Beate Rank: “Wir stellen den einzelnen Händler und dessen Sortiment in den Fokus,…”; und ich frage mich: was gilt denn jetzt? Frau Rank, ganz offen gesagt, mir fehlt der Glaube..
So wie ich das sehe, ist dieses neue Konzept noch nicht ausreichend durchdacht und auch nicht gut kommuniziert. Ich merke nicht, dass Rakuten die Bedenken und Argumente seiner Händler ernst nimmt und in einen Dialog tritt; auch wenn dieses von Rakuten sowohl öffentlich als auch in den B2B-Rundschreiben anders dargestellt wird.
In einem wichtigen Punkt rudert Rakuten allerdings zurück: die Einführung der Zwangsanmeldung für Verbraucher – ein Rückschritt in die Steinzeit des E-Commerce und mit uns nicht zu machen – wird rückgängig gemacht.
Richtig ist, dass viele Verbraucher aus guten Gründen kein Kundenkonto anlegen wollen, denn ein Kundenkonto anlegen heißt auch, dem Händler ein gewisses Maß an Vertrauen zu schenken. Und Vertrauen kann man nicht erzwingen, Vertrauen muss man erarbeiten.
Also ein Schritt in die richtige Richtung, aber für uns zu spät und zu kurz gesprungen.
Denn es bleiben – neben anderen Kritikpunkten – noch zwei entscheidende Änderungen, die wir nicht mittragen können:
1. Ein positives Alleinstellungsmerkmal von Tradoria war, dass jeder Händler einen eigenen Shop ganz individuell gestalten und unabhängig vom Portal betreiben konnte. Dieses wird jetzt zugunsten von Rakuten-Connect aufgegeben. Gleichzeitig sollen die Produktseiten der Händler direkt in das Portalangebot von Rakuten integriert werden. Ein absolutes ‘NoGo’ für uns.
2. Die Rakuten Superpunkte mögen für den einen oder anderen Anbieter ein brauchbares Marketing-Instrument sein. Sie passen aber nicht zu allen Anbietern und allen Angeboten. Die Superpunkte sind nach unserer Auffassung kein erfolgversprechendes Marketingkonzept für Marken, da hiermit eher der Eindruck eines “Ramschladens” entstehen könnte. Aus diesem Grund können wir Herstellern auch nicht mehr mit gutem Gewissen empfehlen, Markenprodukte über diese Plattform zu vertreiben. Die Ausschüttung nach dem Gießkannenprinzip lehnen wir ab und die Zwangseinführung in allen Rakuten Shops ist für uns ebenfalls ein ‘NoGo’.
Für diese strategische Neuausrichtung mag es vielleicht auch gute Gründe geben, wir sehen mehr Nach- als Vorteile für Händler und Verbraucher.
Unseren Rakuten-Shop haben wir geschlossen, und wir werden auch nicht mehr über dieses Portal verkaufen.
Und tschüss Rakuten, als Beobachter werden wir Dich weiter auf Deinem neuen Weg begleiten.
Rainer Helmes
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